Sichere Altersvorsorge für Mediziner?!

Prof. Michael Hauer, Geschäftsführer vom Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) spricht im Interview mit procontra online über ein Thema so, wie es leider viel zu selten von den Leuten getan wird.

Worum gehts?

Private Altersvorsorge ist wichtig. Schön und gut, das ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, was jeder einzelne tun sollte, um ideal für sein Alter vorzusorgen. Um es gleich vorweg zu nehmen, den Königsweg gibt es dabei ohnehin nicht. Jegliche Form der Vorsorge hat Vor- und auch Nachteile und umgekehrt. Dennoch gibt es ein paar grundsätzliche, allgemein gültige Fakten, die sehr gerne sowohl von dem Vorsorgewilligen als auch dem Berater missachtet werden.


Nachweislich ist es so, dass Garantien in jeglichen Sparformen Geld kosten!


Aus eigener Beratungserfahrung wissen wir, dass diese Aussage für viele Menschen sehr abstrakt ist. Dabei ist es im Grunde sehr einfach zu verstehen. Wenn jemand sein Geld über einen langen Zeitraum sehr sicher anlegt, zum Beispiel auf einem Tagesgeldkonto, verliert er statistisch gesehen mehr Geld, als wenn er es alternativ und gewinnbringend anlegen würde. Im Durchschnitt verliert ein einzelner Haushalt im Jahr durch „sichere“ Geldanlage 872 €. Nachzulesen ist dies im Banken-Blog. Die Zahlen dazu sind aus 2017, aber geändert haben wird sich daran bis heute nichts wesentliches, eher ist der Verlust noch weiter gestiegen.

Was ist die Alternative?

Verzichte auf Garantien! Die Aussage ist sehr direkt und muss zwingend im Kontext gesehen werden:

1. Es geht um Altersvorsorge. Also nicht ums sparen, um sich in ein paar Jahren irgendetwas kaufen zu können.

2. Der Einstieg in deine Rente liegt noch mindestens 25 Jahre in der Zukunft. Nur dann hast du genug Zeit negative Börsenphasen auszusitzen, bzw. entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Warum wird das selten empfohlen?

Für sein Rentenalter vorzusorgen macht keinen Spaß, wenn dieses noch 30 Jahre oder mehr hin ist. Emotional ist es häufig nicht leicht sich damit anzufreunden, für einen solch langen Zeitraum Geld zu sparen. Diese Ausgangssituation erschwert die Entscheidung hin dazu, sich mit seiner eigenen Altersvorsorge zu beschäftigen.

Dazu kommt Angst. Die Angst um sein Geld. Was passiert, wenn ich in Aktien oder Fonds investiere und ich am Ende weniger Geld zurück bekomme, als ich eingezahlt habe? Theoretisch kann das passieren, weil ich habe ja keine Garantien!?

Diese Angst ist der Grund dafür, dass Altersvorsorgeprodukte mit Garantien häufiger angeboten werden, als ohne. Es lässt sich einfach leichter verkaufen, wenn ich dem Kunden sagen kann: „Das schlimmste was passieren kann ist, dass deine eingezahlten Beiträge zurück fließen.“ Aber… der Kunde geht doch nicht zu einem Berater, um die Vorsorge empfohlen zu bekommen, die der Berater am einfachsten verkaufen kann, sondern weil er zu Recht erwartet eine fachlich fundierte Beratung zu erhalten.

Was spricht gegen Garantien in der Altersvorsorge?

1. Sie sind zu teuer ?

Wenn du eine Rentenversicherung mit einer 100%igen Beitragserhaltungsgarantie abschließt, musst der Versicherer sicher stellen, dass er dir diese Beiträge auf jeden Fall zu Beginn deiner Rente zahlen kann. Wie macht er das? Er investiert dein Geld erstmal so lange in sichere Geldanlagen bis klar ist, dass es reichen wird, um dir deine Garantie in jedem Fall auszahlen zu können. Das bedeutet, dass ein Großteil deines Geldes in den ersten Jahren sehr sicher und ineffektiv angelegt wird und erst viel später in relevanten Umfang mit dem Geld sinnvoll „gearbeitet“ wird.

2. Du hast schon „hohe Garantien“ ?

Als MedizinerIn bist zu Pflichtmitglied im Versorgungswerk. Dort hinein fließt viel Geld für deine Altersvorsorge. Versorgungswerke legen das Geld in der Regel sehr sicherheitsorientiet an, ähnlich wie es ein Versicherer auch tun würde, wenn er das Geld sicher anlegen muss, zum Beispiel um seine Garantieversprechungen einzuhalten. Die Nordrheinische Ärzteversorgung weist in ihrem Geschäftsbericht 2016 (derzeit der Aktuellste) eine Kapitalrendite von 3,77% vor Kosten aus. Das klingt doch erstmal nicht schlecht, oder? Im Vergleich dazu legte der MSCI World im selben Jahr um 8,15% zu. Der MSCI World ist ein Index, indem die größten Aktienunternehmen zusammengefasst sind.

Neben dem ärztlichen Versorgungswerk zahlst du automatisch und zwangsweise zusätzlich in eine betriebliche Altersvosorge ein, zumindest solange du in einem Krankenhaus arbeitest. Bekannte Anbieter sind hier die VBL (Unikliniken) oder die KZVK (kirchliche Häuser). Auch hier ist die Anlage sehr sicher und konservativ ausgerichtet.

Das bedeutet, dass du sowieso durch das Versorgungswerk und die betriebliche Vorsorge in zwei Vorsorgebausteinen sehr konservativ investiert bist. Schon alleine aus Gründen der Diversifikation (Streuung der Anlage) sollten weitere Geldanlagen nicht in gleicher Richtung ausgerichtet werden.

3. Garantien wurde bisher nie gebraucht ✋

Gerade dann, wenn man sich mit dem Thema der Geldanlage nicht besonders gut auskennt ist es absolut nachvollziehbar und verständlich, dass einem eine Sicherheit durch Garantien attraktiv erscheint. Allerdings muss man berücksichtigen, dass Garantien bisher nie gebraucht wurden, wenn man das Geld nur lange genug hat liegen lassen und die Anlage breit genug diversifiziert wurde. Prof. Hauer nennt in seiner Studie konkrete Zahlen dazu. Dazu heißt es in dem Interview bei procontra: „Bei theoretischen Modellen reicht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei einer Laufzeit von 30 Jahren weniger als die eingezahlten Beiträge erreicht werden von null bis 24 Prozent. In der Realität ist es beispielsweise beim MSCI-World seit 1970 und einer Laufzeit von 30 Jahren überhaupt nicht vorgekommen.“

Das bedeutet also ganz konkret, wenn du dich für eine Altersvorsorge mit entsprechenden Garantien entscheidest, tust du dies aus Angst vor einem Szenario, welches seit 1970 weltweit niemals stattgefunden hat. Die Begrenzung auf 1970 hängt damit zusammen, dass es den genannten Index MSCI World erst seitdem gibt. Der älteste Index ist der S&P 500. Darin enthalten sind die 500 größten US Börsenunternehmen. Diesen gibt es seit 1926 und trotz des 2. Weltkrieg, Ölkrise, Irak-Kriegen, 9/11, Dotcom-Blase etc. ist es auch hier so, dass ein Verlust über derart lange Zeiträume niemals stattgefunden hat. Je nachdem über welche Investitionssummen wir sprechen, bezahlst du für die Vermeidung des niemals eingetretenen Risikos mehrere zehntausend Euro! ???


Was würdest du zu einem Finanzberater sagen, wenn er dir eine mehrere zehntausend Euro teure Versicherung anbieten würde, dass dich gegen ein Risiko schützt, welches aber noch nie stattgefunden hat?


Wie solltest du es denn machen?

Wie bereits zu Beginn erwähnt gibt es vielfältige Möglichkeiten um für sein Alter vorzusorgen. Die konkrete Empfehlung was du tun solltest hängt immer davon ab, was du dir vorstellst und oft auch davon wen du fragst. Im Ergebnis kann man sagen, dass es den Königsweg nicht gibt. Alle Modelle haben Vor- und Nachteile. Unser Weg ist der, dass wir darüber sprechen, welche Möglichkeiten du hast und wie diese Vor- und Nachteile konkret aussehen. Wenn es um erste Vorsorgebausteine geht, ist eine Investition in breit diversifizierte Investmentfonds im Rahmen einer Rentenversicherung eine gute Wahl.  Hiermit ist man sehr flexibel und kann relativ einfach und unkompliziert Altersvorsorge betreiben.

Es sollte trotzdem berücksichtigt werden, dass ein Restrisiko bleibt. Auch in den oben genannten Anlagen wie dem MSCI World und dem S&P 500 gab es immer wieder Phasen von starken Abschwüngen. An sich ist das keine Besonderheit und zumindest dann nicht tragisch, wenn es deutlich vor dem Renteneintritt passiert. Solltest du noch 15 Jahre haben bis du deine Rente antrittst ist es nicht schlimm, wenn sich deine Anlage um 30% reduziert ? (auch wenn es selbstverständlich nicht schön ist). Historisch gesehen, haben sich die Anlagen nach einer gewissen Zeit immer wieder erholt und sind in positive Renditen übergegangen. Sehr unschön wäre es , wenn die Börsen zwei Jahre vor deinem Renteneintritt einstürzen. Dann hast du Geld zu einem Zeitpunkt verloren, zudem du es eigentlich brauchst.

Damit das nicht passiert, sehen moderne Konzepte vor, dass deine Anlage einige Jahre vor deinem Rentenbeginn nach und nach in sichere Anlagen umgeleitet werden. Damit hast du zwar dann auch nicht mehr die Chance auf sehr hohe Renditen, aber die Verlustwahrscheinlichkeit sinkt. Somit konnte dein Geld über Jahrzehnte effektiv für dich arbeiten und der Sicherheitsgurt wird erst zum Ende hin angelegt, wenn du ihn auch brauchst.

Noch mehr Informationen zu diesem Thema findest du auf unserer Webseite unter www.meinsternum.de/altersvorsorge